„Pflegen Sie soziale Kontakte regelmässig“
Graue Panther Solothurn mit Referat und Tipps gegen den „Herbstblues“
Was ist unter Herbstblues zu verstehen? Ein mehr oder minder ausgeprägtes Stimmungstief, das bei einigen Menschen auch durch sonnenloses, grau vernebeltes Wetter hervorgerufen wird. Was man dagegen unternehmen kann, war Thema des von über 100 Personen besuchten Vortragsnachmittags im Rahmen der Kantonalen Aktionstage Psychische Gesundheit.
von Gundi Klemm
Mit Freude stellte Manuela Meneghini (Kant. Gesundheitsamt), die diesen Anlass gemeinsam mit Graue-Panther-Vorstandsmitglied Rosemarie Ledermann organisiert hatte, in einleitenden Worten fest, dass das Publikum nicht nur aus der älteren Generation sondern aus vielen Altersstufen besteht. Denn „Herbstblues“ sei ein verbreitetes Phänomen. Als kommunikativ mitreissender Referent richtete sich Mediziner Rolf Heim (Holderbank/Aargau) vor allem an seine älteren Zuhörer, weil die saisonal auftretende Herbst-Winter-Depression mehrheitlich doch sie betreffe. Dialogisierend mit seinem Publikum brachte er vielerlei Belastungsaspekte als Gründe für den „Herbstblues“ in Erfahrung. Genannt wurden Alleinsein, schlechtes Wetter und fehlendes Sonnenlicht, vielfältige Verlusterlebnisse bezüglich Partner, Angehörigen und Freundeskreis, Angst vor der Zukunft und gesundheitliche Einschränkungen. Als Psychiater verdeutlichte Heim dies mit Beispielen seiner Patienten, für die das plötzliche Fehlen von Bezugspersonen neben Trauer häufig auch gesellschaftlichen Rückzug und Einsamkeit bedeutet habe.
„Wofür soll ich eigentlich morgens aufstehen?“, frage sich mancher ältere Mensch, dem Sinn und Verankerung im Leben abhanden gekommen sind. Um sich gegen diese schleichend-pessimistische Entwicklung zu stemmen, sollte man seine sozialen Kontakte regelmässig pflegen, um sich mit Treff- und Fixpunkten innerhalb der Woche persönlich aufzubauen, betonte der Arzt ein tagtägliches „Kümmern um die Gesellschaft“. Die anwesenden Grauen Panther zählten dafür vielfältige Beispiele auf, die von freiwilliger Arbeit wie „Senioren in der Schule“, Hilfe bei Mittagstisch und Mahlzeitendienst, Besuchen bei Altersheim-Bewohnern, Vereinsmitgliedschaften, Training in Fitness-Studios, begleiteten Reisen bis hin zum gemütlichen Zusammensein im Anschluss an den sonntäglichen Gottesdienst reichten. „All dies bietet uns eine Fülle psychohygienischer Vorteile“, ermunterte Heim, sich etwa als „Leih-Oma“ zur Verfügung zu stellen oder als Nicht-Haustierbesitzer zu Spaziergängen mit Hundehaltern zu verabreden und auch Tierbetreuung zu übernehmen. Ein eigenes Haustier, für das man sorgen und mit dem man reden könne, sei für die seelische Gesundheit sowieso das Beste. „Unser Verhalten trägt ganz wesentlich zu unserer Befindlichkeit bei“, betonte er diese Wechselwirkung und ermutigte dazu, seine Mitwelt häufiger anzulächeln. Und: „Planen Sie Ihre Aktivitäten und führen sie durch, auch wenn Sie mal keine Lust dazu haben“.
Liebevoll zu sich selbst sein
„Versuchen Sie, ein positives Selbstwertgefühl zu entwickeln“, riet er seinen Zuhörenden mit der Devise: „Ig bi scho rächt“. „Orientieren Sie sich, jetzt da Sie älter werden, am Bild der von Erfahrung vollen Scheuer und nicht am abgeernteten Feld“, mahnte er, das eigene Bild und die gesamte Lebensleistung liebevoll zu betrachten und sich selbst auch mal anerkennend auf die Schulter zu klopfen. In einer Zeit des Jugendwahns, die Alter und damit gewonnene Einsichten kaum noch beachte, sei es wichtig, sich selbst und den eigenen Körper bewusst wertzuschätzen.
az Solothurn vom 06.11.2014