Das war besser als die Arena im Fernsehen

Graue Panther Solothurn diskutierten Pro und Kontra der 1:12 Initiative

Von Gundi Klemm Oktober 2013

JUSO-Präsident David Roth und Marianne Meister, die für Ständerat Pirmin Bischof kurzfristig eingesprungene Präsidentin des Kantonalen Gewerbeverbandes, FDP-Kantonsrätin und Messener Gemeindepräsidentin, stellten in Kurzreferaten ihre unterchiedliche Sicht der 1:12 Initiative dar. Danach mischte das Publikum mit und gestaltete den Anlass spannend, vergnüglich und respektvoll. „Das war besser als die Arena im Fernsehen“, war man sich einig.

Wer bisher meinte, längst alle Argumente für oder gegen die 1:12 Initiative der JUSOS gelesen oder gehört zu haben, erlebte an diesem Anlass Erstaunliches. In der Aussprache nach den Referaten, in die Marianne Meister und David Roth kontradiktorisch einbezogen waren, setzten sich die Anwesenden kritisch mit dem Gehörten auseinander. „Ihr bürgerlichen Parteien seid Weltmeister in der Angstmacherei“, musste Meister aus dem Plenum zur Kenntnis nehmen, nachdem sie die gegnerische Kampagne des Schweizerischen Gewerbeverbandes in ihrem Vortrag wortgewandt vertreten hatte. Gewarnt hatte sie vor dem „schädlichen sozialistischen Rezept“, das zur Abwanderung von Firmen und Arbeitsplätzen ins Ausland, zu einem zeitraubenden Papierkrieg der Unternehmen und besonders zu einem unerwünschten Eingriff des Staates in die liberale Wirtschaftsordnung hierzulande führe. Sie vergass nicht, die neue „Neidkultur“ und die Vergiftung des sozialen Klimas im Kontext von Studien zur 1:12 Initiative zu erwähnen, die grosse Löcher in die AHV und ins Steueraufkommen reissen werde. Denn losgelöst von der Realität verspreche die Initiative „mit halsbrecherischen Theorien das Blaue vom Himmel“. „Dieser Systemwechsel erzeugt grosse Angst“, meinte sie mit Blick nach Frankreich, wo der gegenwärtige Wirtschaftskurs mitsamt Mindestlohn nicht stimme. „Aber Hollande muss auch etliche Massnahmen von Sarkozy auslöffeln“, tönte es aus dem Plenum.

Roth, der mit einleuchtenden Beispielen und Zahlenmaterial zu Produktivität und ungleicher Vermögensverteilung in seinem Impulsreferat operierte, zitierte eine Aussage von Arbeitgeberseite: „Der Missbrauch von Freiheiten erfordert eine Regulierung“,… denn gewisse Herren mit Abzockermentalität hätten’s in ihrer Geldgier einfach übertrieben, betonte er. Da auch Marianne Meister Unbehagen über den Spitzenverdienst einiger weniger „reicher Vasellas“ signaliserte, fragte Roth, warum nicht die bürgerlichen Parteien selbst schon einen Vorschlag entwickelt hätten,.. „um dieser Ungerechtigkeit mit einer besseren Verteilung der finanziellen Ressourcen ein Ende zu setzen.“ Denn schliesslich, so Roth, sollte doch Leistung honoriert werden. „Der Erfolg der Schweiz hängt von der fleissigen Mehrheit und nicht von den Topverdienern ab“, bekräftigte eine weitere Stimme. „Und das Kapital sollte auch breiter verteilt sein, um damit die Kaufkraft im Lande zu steigern“, machte eine Diskussionsteilnehmerin auf die mehr als eine Viertelmillion „working poor“ aufmerksam, die aus ihrer Sicht in der liberalen Wirtschaft einfach untergehen. „Unten schneidet man ab, und oben richtet man mit grosser Kelle an“, lautete aus dem Saal eine Aeusserung, für die das jetzige System nicht mehr stimmt. Bei einer Annahme würde die 1:12 Initiative im Parlament vermutlich „wieder zerzupft“, befürchtete eine weitere Sprecherin. „Aber auch wenn sie nicht angenommen wird, weiss man wenigstens in Bern, dass es im Volk rumort“, hielt ein Votant fest. Ein anderer glaubte, dass die Folgen der angenommenen 1:12-Initiative für die Wirtschaft geradezu katastrophal wären.  

In seinem Schlusswort betonte Panther-Präsident Hans Rüd, dass die 1:12 Initiative eigentlich weltweit angegangen werden müsste, und er unterstrich ein besonderes Vorrecht: „Die Jungen müssen protestieren, wenn etwas nicht in Ordnung ist“. „Aber die Alten auch“, schallte es aus dem Plenum zurück.

Eine Aufzeichnung dieser Veranstaltung durch das Tessiner Fernsehen wird am 2. 11., 20 Uhr, gesendet.